Verschärfung der CO2-Vorschriften für Neuwagen trotz Volks-Nein

    Der Bundesrat verschärft kurzfristig die CO2-Ziele für die Fahrzeugflotten. Das hilft dem Klima praktisch nichts, macht aber das Autofahren teurer. Das Verspechen der Regierung, auf neue Abgaben und Verbote zu verzichten, ist bereits hinfällig.

    (Bild: zVg) Trotz grosser Erfolge bei der Elektromobilität werden die CO2-Vorschriften verschärft.

    «Die Bevölkerung will den Klimaschutz, sie will aber nicht das Gefühl haben, man werde bestraft oder es werde jetzt alles verboten. Darum setzt jetzt der Bundesrat auf Massnahmen, verzichtet aber auf Verbote und Abgaben.» Dieser Satz stammt von Bundesrätin und Umweltministerin Simonetta Sommaruga aus einem Interview mit SRF im September 2021. Er bezieht sich auf das weitere Vorgehen der Landesregierung nach dem Scheitern des CO2-Gesetzes an der Urne – und darf bereits wieder als Makulatur betrachtet werden. Denn nach der Erhöhung der CO2-Abgabe auf Brennstoffe auf den Maximalsatz von 120 Franken pro Tonne hat der Bundesrat nun auch die Emissionsvorschriften für neue Personenwagen ab dem kommenden Jahr verschärft. Dies wird zu höheren Beschaffungspreisen für Fahrzeuge für Familien und Unternehmen führen – mitten in der Pandemie und einer Phase, in der ein Mangel an Mikrochips die Verfügbarkeit von Neuwagen massiv einschränkt.

    Gegen den Willen des Stimmvolks
    Ende November hat der Bundesrat verlauten lassen, dass er die Verordnung zum CO2-Gesetz auf Anfang 2022 anpasst. Darin ist das sogenannte Phasing-in für den Zielwert von 95 Gramm CO2 pro Kilometer für neue Personenwagen geregelt, der seit 2020 gilt. Mit dem Phasing-in wurde frühzeitig vom Bundesrat festgelegt, dass der Zielwert über drei Jahre hinweg Schritt für Schritt eingeführt wird, bis er 2023 für sämtliche Neufahrzeuge gelten sollte. Bis dahin war die jährliche Anhebung des Anteils der Neuwagenflotte vorgesehen, auf welchen der Zielwert angewendet werden sollte. 2020 waren es 85 Prozent, 2021 bereits 90 Prozent und 2022 sollten es 95 Prozent aller neuimmatrikulierten Personenwagen sein. Doch nun hat der Bundesrat diese letzte Stufe kurzfristig gekappt. Und dies, ob- wohl eine entsprechende Regelung im CO2-Gesetz – vom Parlament dort eingefügt – von der Stimmbevölkerung abgelehnt wurde. Ja, Verordnungen sind grundsätzlich Sache des Bundesrates. Aber in diesem Fall hat die extrem kurzfristige Regeländerung einen faden Beigeschmack – siehe Zitat Sommaruga.

    Am Ende zahlen die Kunden
    Das Phasing-in wurde einst vom Bundesrat selbst festgelegt und war ein kluges Mittel, den deutlich strengeren Zielwert 2020 nicht über Nacht einzuführen. Denn dies hätte zu hohen Bussen für die Importeure geführt, die diese wohl oder übel an ihre Kundinnen und Kunden hätten weitergeben müssen. Denn jede Überschreitung des Zielwertes kostet bares Geld: Rund 100 Franken pro Gramm, multipliziert mit der Anzahl an Fahrzeugen, die in einem Kalenderjahr importiert werden. Die Sanktionen können schnell zweistellige Millionensummen ausmachen. Die Idee hinter diesen Bussen ist, dass sie auf die Fahrzeugpreise umgelegt werden. Und genau dies wird nun wohl geschehen müssen. In einer Krisenzeit mit Pandemie und Chipmangel, in welcher die Schweizer Autobranche um die Auslieferung jedes einzelnen Fahrzeuges kämpft, ist dies ein zusätzlicher Schlag ins Kontor.

    Er kommt umso überraschender, als die Auto-Importeure grosse Erfolge bei der Verbreitung der Elektromobilität vorweisen können: Der Marktanteil der Elektroautos und Plug- in-Hybride hat im laufenden Jahr die 20-Prozent-Marke übertroffen. Eigentlich hatte die Roadmap Elektromobilität, von Sommarugas UVEK- Departement initiiert, für 2022 erst 15 Prozent Marktanteil anvisiert.

    Schädlicher Alleingang der Schweiz
    Des Weiteren hat der Bundesrat die Spezialziele für Kleinserien- und Nischenhersteller abgeschafft, die einst von der EU übernommen wurden – und dort auch nach wie vor gelten. Sie sorgen dafür, dass die kostenintensive Entwicklung hocheffizienter Antriebe kleinere Fahrzeughersteller nicht in den Ruin führt, indem diese dafür ein paar Jahre länger Zeit bekommen. Mit diesem umgesetzten Parlamentsvorstoss wird das Mantra, die Schweiz übernehme grundsätzlich die CO2-Vorschriften von der EU, völlig ad absurdum geführt. Bemerkenswert: Zwischen Einreichung und Umsetzung des Vorstosses sind nicht einmal zwei Jahre vergangen – dies dürfte einen inoffiziellen Rekord darstellen. Ein weiterer Knüppel zwischen die Beine der Schweizer Autobranche.

    Beide kurzfristigen Regeländerungen werden zu höheren Fahrzeugpreisen und damit einer Mehrbelastung für Privatkunden und Unternehmen führen. Seinen Vorsatz, auf Massnahmen mit zusätzlichen Kosten bei der CO2-Regulierung zu verzichten, hat der Bundesrat nach kürzester Zeit bereits wieder fallen gelassen.

    Andreas Burgener
    Direktor autoschweiz,
    V
    ereinigung Schweizer Automobil-Importeure

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